Wir Deutschen haben es, was unser Klima angeht ja nicht besonders leicht. Den Großteil des Jahres verbringen wir damit, uns auf jene drei Monate zu freuen, in denen wir mit etwas Glück nicht von Nacht, Nebel und Regen umgeben sind. Das schöne deutsche Wort „Übergangszeit“ hat sich in merkwürdiger Weise ad absurdum geführt und bezeichnet weniger einen Übergang, als einen permanenten Zustand. 12 Grad, wolkig, Regen.
Ja, die Sommer werden immer heisser, aber auch immer unberechenbarer. Da kann es am 24. Juli schon mal genauso warm oder kalt sein, wie am 24. Dezember. Und sintflutartige Regenfälle lassen Menschen in die Öffnungen weggespülter Gullideckel fallen, oder in öffentlichen Bussen nasse Füße bekommen. Auch jetzt, auf dem Weg an die Ostsee arbeiten die Scheibenwischer mit Hochdruck und das Thermometer zeigt 12 Grad. Mein Segelkollege und ich haben uns lange überlegt, ob wir uns das antun sollen, denn nicht nur, dass die gängigen Apps Dauerregen ankündigen, sie prophezeien auch Wind zwischen 5 und 7 Beaufort. Das Gerede von: „kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung“ spielt auch nur der Hochsee-Bekleidungsindustrie in die Hände, denn dass es ein Genuss ist, eingepackt wie auf einem Arktis Törn im Cockpit zu sitzen, glaube ich höchstens Arved Fuchs.
Nun gut, wir beziehen Freitag Abend unser Boot in Lübeck und lassen uns vom steten Klopfen des Regens in den Schlaf singen. Das gute am Regen ist, dass man ihn im Gegensatz zur Sonne auch hört und so verrät uns am nächsten Morgen sein leises Trommeln auch ohne einen Blick aus dem Fenster, dass wir heute wohl nass werden. Doch Süchtige haben ja oft diesen etwas eigenartigen Masochismus, der sie die Welt um sie herum vergessen lässt, um ihrer Sucht nachzugehen, und so machen wir uns auf. Entlang der Trave, vorbei an Travemünde, wo dutzende von Menschen in Übergangsjacken, oder auf neudeutsch Outdoor-Klamotten beim Hafenfest mit viel Bier und Schnaps zumindest ihre inneren Temperaturen auf Sommerniveau bringen.
Aber es gibt ja auch den Spruch: „Den Tapferen hilft das Glück“ und so hört der Regen auf und eine stetige, aber nicht zu strenge Brise trägt uns hinaus auf die Ostsee. Da ist es dann wieder, dieses Gefühl, das alle Segler spüren und in stiller Übereinkunft denken lässt: „Genau hier will ich jetzt sein.“ Und wenn dann die Wolken aufreißen und die Sonne alles in dramatisches Licht zeichnet, weiß man warum man das macht.
All zu viele haben sich an diesem Wochenende nicht aufs Wasser verirrt. Ich als alter „Übergangszeit-Regenwetter-Hasser“ bin dennoch froh, dass der Schweinehund mal wieder überwunden wurde und wir zwei großartige Segeltage verbracht haben.