Es gab ja mal diese Werbung der Sparkasse in der sich zwei Typen „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“ auf den Tisch knallten. Der Schwerpunkt dieser Haltung lag auf „mein“. Wenn ich mir das ansehe, kann ich nur voller Bedauern den Kopf schütteln. Wir haben ein kleines Haus auf dem Land und es ist ein ewiger Kampf, damit es zumindest halbwegs Instagram-tauglich aussieht. Mein kleines Boot auf dem Wannsee will permanent nur verschimmeln und mein Auto habe ich vor Jahren abgeschafft.
Wie jeder Segel-Verrückte schaue auch ich mir ständig neue Bootsanzeigen an und träume mich auf mein eigenes Schiff, mit dem ich das Mittelmeer umrunde und mit Freunden die Abendsonne genieße. Das können sich aber offensichtlich nur 25 jährige YouTuber leisten. Ich habe nicht mehrere zehntausend Euro übrig, muss jeden Tag einer geregelten Arbeit nachgehen und teile mir meinen Urlaub brav nach meinen Segelinteressen ein. Und diese Interessen sind sehr vielfältig. Wie ihr meinen Videos entnehmen könnt, bin ich auf der Ostsee, dem Atlantik, am liebsten aber im Mittelmeer unterwegs. Diese Vielfalt könnte ich mit einem eigenen Boot nicht erleben. Es läge an einem bestimmten Ort und ich sähe mich gezwungen, ständig dorthin zu fahren und es vor dem Verschimmeln zu bewahren. Zugegeben, auch und vor allem Charterboote sind verschimmelt, aber das ist dann nur für ein bis zwei Wochen mein persönliches Problem.
Ein eigenes Boot ist vor allem eines: teuer! Das liegt nicht nur an den Liegegebühren, sondern auch daran, dass viele Eigner ihr Boot permanent mit neuster Technik hochrüsten. Was da alles an Navigationsgerät verbaut ist, um dreimal im Jahr die Hafenausfahrt zu finden, ist bemerkenswert. Wir Deutschen sind da in vielerlei Hinsicht Perfektionisten und es käme uns nie in den Sinn, unser gepflegtes Boot in fremde Hände zu geben. Ums so klarer ist, dass die französische Mitsegel- und Charterplattform Click&Boat in Deutschland eher wenig Angebote bereit hält. Dort kann man, neben zahlreichen kommerziellen Angeboten auch von privaten Eignern chartern und ich habe damit schon sehr gute Erfahrung in Spanien und Frankreich gemacht. Macht ja auch Sinn, einen Liegeplatz der zwischen 6 und 15 tausend Euro im Jahr kostet durch andere mitfinanzieren zu lassen.
Es ist richtig, dass man das eigene Boot nach seinen Vorstellungen gestalten und optimieren kann. Dass man besser an die Handhabung gewöhnt ist und z.B. Hafenmanöver besser gelingen. Für mich aber ist es gerade der Reiz, viele verschiedene Bootstypen zu segeln. Denn so erfährt man viel über deren Qualität und Segelverhalten und man weiß aus erster Hand, welche Art von Boot man lieber nicht kaufen würde. Nicht richtig ist dagegen, dass Charterboote alle nur ausgenudelte Schrotthaufen sind. Ja, man muss Kompromisse machen und vor allem erst mal viel putzen. Aber auch am eigenen Boot gehen Dinge kaputt und man verschüttet Rotwein über die Polster.
Mein Fazit ist daher: Ich würde mir eine eigene Yacht nur kaufen, wenn ich viel Zeit darauf verbringen könnte oder sie kommerziell nutzen kann. Gerade in der Nebensaison, bis Mai oder ab Mitte September sind die Charterpreise zum Teil sehr günstig. Bevor ich 70.000 Euro für ein gebrauchtes Boot aufbringe, kann ich 10 Jahre lang jedes Jahr 7.000 Euro für 3 bis 4 Wochen chartern ausgeben und hätte keine Nebenkosten.
Vielleicht bin ich aber ja auch nicht „normal“ für das Thema Segeln. Wenn man die Millionenwerte in den Marinas sieht und die Massen, die sich auf Bootsmessen Yachten anschauen (und offensichtlich auch kaufen), dann scheint es ja genug Geld zu geben. Und vielleicht hat ja so mancher eine Yacht an der Ostsee und eine zweite im Mittelmeer liegen. Wenn ihr jemand braucht, der euch den Schimmel wegputzt und dafür segeln darf….meldet euch.